Freitag, 25 Juli 2025 13:50

Mehr Sicherheit beim CSD in Stuttgart

Rate this item
(0 votes)
Sicherheitsmaßnahmen beim CSD in Stuttgart verstärkt. Sicherheitsmaßnahmen beim CSD in Stuttgart verstärkt. pexels/Foto illustrativ

Am Samstag wird die Innenstadt von Stuttgart zum Zentrum einer Großveranstaltung: Der Christopher Street Day (CSD) erwartet mehrere Hunderttausend Besucherinnen und Besucher. Vor dem Hintergrund zunehmender queerfeindlicher Vorfälle treffen Polizei und Veranstalter umfangreiche Schutzmaßnahmen. Die Teilnehmer sollen sich sicher fühlen – sowohl während der Veranstaltung als auch auf dem Heimweg.

Inhaltsverzeichnis:

Polizei verstärkt Präsenz am Schillerplatz

Die Polizei in Stuttgart richtet am Samstag eine mobile Wache im Bereich des Schillerplatzes ein. Kara Starke von der Polizeidirektion Stuttgart betonte, dass Beamtinnen und Beamte jederzeit ansprechbar seien. Sollte es zu Angriffen, Beleidigungen oder Einschüchterungsversuchen kommen, rät sie dringend zur Anzeige. Die Polizei empfiehlt zudem, aufmerksam zu sein und andere im Blick zu behalten.

Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg beobachtet die Situation ebenfalls. Zwar sind für die Veranstaltung bisher keine Gegenproteste angemeldet, dennoch sei mit Störungen durch Einzelpersonen oder kleinere Gruppen zu rechnen, wie Präsidentin Beate Bube erklärte. Die Sicherheitsbehörden setzen daher auf erhöhte Präsenz und direkte Ansprache.

CSD-Organisatoren setzen auf Awareness-Teams

Das Organisationsteam der Stuttgarter Pride bereitet sich intensiv auf den Tag vor. Lars Lindauer, Mitglied des Orga-Teams, ruft queere Personen dazu auf, den Heimweg in Gruppen anzutreten, da gerade abends und in öffentlichen Verkehrsmitteln vermehrt Übergriffe vorkommen. Er verweist auf das Awareness-Team, das während der Veranstaltung gut sichtbar in schwarzen T-Shirts unterwegs sein wird.

Die Teammitglieder sind geschult und können jederzeit angesprochen werden, wenn sich jemand bedroht fühlt oder Hilfe benötigt. Ziel ist es, ein sicheres und unterstützendes Umfeld für alle Teilnehmenden zu schaffen. Neben den Polizeikräften soll so auch innerhalb der Community gegenseitiger Schutz gewährleistet sein.

Rechtsextreme Gewalt nimmt zu

Im Jahr 2024 wurden in Baden-Württemberg 212 queerfeindliche Straftaten registriert – ein Anstieg um knapp 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus einer Anfrage der SPD-Landtagsfraktion an das Innenministerium hervor. Viele der Angriffe sind Ausdruck zunehmender Hasskriminalität, die sich gezielt gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten richtet.

Seit dem vergangenen Jahr kommt es auch vermehrt zu Störungen von CSD-Veranstaltungen durch rechtsextreme Gruppen. Beispiele dafür sind der CSD in Falkensee Anfang Juli sowie eine Kundgebung in Pforzheim im Juni, bei der etwa 80 Personen dem Aufruf einer rechtsextremen Gruppierung folgten. Laut Beate Bube haben sich zuletzt mehrere neue rechtsextreme Gruppen in Baden-Württemberg formiert, darunter „Unitas Germanica“, „Revolte Rottweil“ und „Revolte Balingen“.

Merkmale rechtsextremer Gruppen:

  1. Mitglieder sind häufig sehr jung – teilweise Jugendliche.
  2. Enge Vernetzung untereinander und mit Jugendorganisationen rechtsextremer Parteien.
  3. Gemeinsame Ideologie: Ungleichwertigkeit von Menschen nach Hautfarbe, Herkunft oder sexueller Identität.

Diese Entwicklung bereitet Verfassungsschutz und Polizei zunehmend Sorge.

Hass im Netz und auf der Straße

Lars Lindauer berichtet von seiner persönlichen Erfahrung als schwuler Mann. Er fühle sich im Alltag weniger frei als früher. Dies liege nicht nur an der Zunahme realer Gewalt, sondern auch an Hass und Hetze im Internet. Besonders problematisch sei die mangelnde Kontrolle in sozialen Netzwerken: Hassbotschaften bleiben oft stehen, werden kaum gelöscht und normalisieren aggressive Sprache.

Diese Online-Hasskultur überträgt sich zunehmend auf den öffentlichen Raum. Der gesellschaftliche Diskurs hat sich verändert, was sich auch in wachsender Unterstützung für extrem rechte Parteien zeige. Lindauer nennt explizit die Alternative für Deutschland (AfD) als Beispiel für eine politische Verschiebung, die das Klima für queere Menschen verschlechtere.

Motto „Nie wieder still!“ als klare Botschaft

Der diesjährige CSD in Stuttgart steht unter dem Motto „Nie wieder still! Laut für Freiheit, stark für Vielfalt“. Die Veranstalter wollen damit ein kraftvolles Zeichen gegen Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt setzen. Es geht nicht nur um Sichtbarkeit, sondern auch um politischen Protest gegen eine gefährliche gesellschaftliche Entwicklung.

Durch friedliche Demonstrationen, solidarisches Auftreten und gezielte Schutzmaßnahmen soll die Veranstaltung ein Ort der Stärke und des Zusammenhalts sein. Der Christopher Street Day bleibt ein zentrales Ereignis, um für Gleichberechtigung und Menschenrechte einzustehen – laut, sichtbar und sicher.

Quelle: SWR, www.on-the-top.net/de/